In diesem Praxisbeispiel erfahren Sie, wie Sie vor einem Laborpraktikum die Einführung in die Theorie durch Demonstrationsvideos, Selbststudiumsphasen und Kurzreferate verbessern können. Dadurch kann die Zeit im Praktikum besser für Anwendungserfahrungen und dem Umgang mit dem Equipment genutzt werden.
Die Herausforderung
Praktikumsräume sind oft nur begrenzt vorhanden. Auch sollte die Zeit vor Ort für direkte hand-on- Aktivitäten genutzt werden, nicht für allgemeine, theoretische Einführungen in den Umgang mit Equipment, so dass die Studierenden möglichst viele Anwendungserfahrungen sammeln können.
Wie sind die Rahmenbedingungen des Praktikums?
Im Rahmen des Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen werden im 2. und 3. Semester mit dem Modul Geotechnik 1 neben ingenieurgeologischen Grundlagen wichtige Zusammenhänge zur Bodenmechanik vermittelt.
Dabei absolvieren die Studierenden zusätzlich zur Vorlesung das geotechnische Laborpraktikum, um das mechanische Verhalten von Böden anschaulich nachvollziehen zu können. Die Teilnahme am geotechnischen Laborpraktikum muss zum Bestehen des Moduls Geotechnik 1 zusätzlich zur Klausur als Teilnahmenachweis erfolgreich anerkannt sein.
In dem geotechnischen Laborpraktikum führen die Studierenden an insgesamt 6 Übungsterminen grundlegende bodenmechanische Versuche wie z.B. die Bestimmung der Konsistenzgrenzen von bindigen Böden (siehe Abbildungen) selber bzw. in kleinen Gruppen durch. Das Semester wird dabei aktuell in 8 Gruppen aufgeteilt.
Um einen zügigen und reibungslosen Ablauf der Übungstermine zu gewährleisten ist eine Vorbereitung der theoretischen Grundlagen, der Versuchsdurchführung und Auswertung durch die Studierenden im Rahmen des Selbststudiums erforderlich. Grundlagen zu den einzelnen Versuchen werden in der Vorlesung vorgestellt. Details zu den Laborversuchen sind in den Vorlesungsunterlagen dokumentiert. Sämtliche Informationen und Unterlagen inklusive Formblätter zur Versuchsauswertung werden den Studierenden über einen Moodle-Kurs zur Verfügung gestellt. Der Moodle-Kurs wird u.a. auch zur Kommunikation mit den Studierenden verwendet.
Wie wurden die Videos und die Kurzreferate eingebunden?
Die Studierende stellen die Grundlagen zu den Versuchen jeweils zu Beginn der Übungstermine selber als Kurzreferat vor. Dabei werden am Anfang der Übungstermine die Laborgruppen in 3 Teilgruppen eingeteilt und die vorzustellenden Grundlagen werden den Teilgruppen zugeordnet. Die Studierenden haben ca. 10 Minuten Zeit sich innerhalb der Teilgruppen die vorzustellenden Inhalte weiter selber aufzuteilen. Die Kurzreferate erfolgen dann so, dass jeder Teilgruppenteilnehmer etwas vorstellt und Fragen hierzu beantworten muss. Hierbei stellt sich relativ einfach heraus, ob sich die Studierenden grundlegend vorbereitet haben. Die Studierenden, die sich nicht vorbereitet haben, können dann an dem Übungstermin nicht weiter teilnehmen und müssen zu einem späteren Übungstermin nochmals erscheinen. Diese Variante hat sich bisher als zielführend bewährt.
Jedoch hat sich gezeigt, dass die Vorbereitung anhand der Vorlesungsunterlagen teilweise nicht ausreichend anschaulich ist. Es fehlte teilweise eine genauere Vorstellung zu den Versuchsgerätschaften und zur Versuchsdurchführung.
Abhilfe konnte hierzu mit Hilfe von Lehrvideos zu den Laborversuchen geschaffen werden:
Erstellt wurden bzw. werden die Lehrvideos von Studierenden aus höheren Semestern entsprechend dem Grundsatz „von Studierenden – für Studierende“. Damit konnte erzielt werden, dass die Videos ansprechend und verständlich für die Studierenden sind. Zur Verfügung gestellt werden die Videos als Stream über einen Link im Moodle-Kurs.
Sind Sie zufrieden?
Nach Rückfrage bei den Studierenden werden die Videos gerne und viel genutzt zur anschaulichen Vorbereitung auf die Übungstermine des Laborpraktikums. Ein größerer Vorbereitungserfolg für die Übungstermine konnte auch anhand von Verständnisfragen an die Studierenden festgestellt werden. Bei den Übungsterminen verliert man weniger Zeit, um grundlegende Abläufe wiederholt zu erläutern.
Nach den bisherigen Erfahrungen sind die Lehrvideos also eine erfolgreiche Ergänzung.
Rückblick
Um die Studierenden zur erforderlichen Vorbereitung für die Übungstermine im Selbststudium zu motivieren, wurden verschiedene Varianten mit unterschiedlichem Erfolg getestet.
Vorbereitung anhand der Vorlesungsunterlagen
Zunächst wurde eine klassische Variante zur Vorbereitung genutzt. Die Studierenden sollten sich anhand der Vorlesungsunterlagen vorbereiten. Die Zusammenhänge wurden dann gemeinsam jeweils zum Anfang der Übungstermine in den einzelnen Gruppen mit Verständnisfragen an die Studierenden durchgesprochen. Hierbei konnten Fragen nur von einzelnen Studierenden beantwortet werden.
Die überwiegende Anzahl der Gruppenteilnehmer war schlecht vorbereitet. Damit verzögerte sich häufig der Ablauf der Übungstermine und bei den Versuchsauswertungen traten oft Verständnisprobleme auf.
Vorbereitung mit einem Multiple-Choice-Test
In einem nächsten Schritt wurde die Vorbereitung zu den Übungsterminen jeweils mit einem Multiple-Choice-Test überprüft. Dabei wurden zu jedem Übungstermin ca. 30 Fragen als Multiple-Choice-Test im dem Moodle-Kurs eingerichtet. Damit konnten die Studierenden selber ihre Vorbereitung testen. Zu Beginn jedes Termins wurden jeweils 8 Fragen (von den im Moodle-Kurs vorhandenen Fragen) über einen Papierfragebogen als Multiple-Choice-Test abgefragt und überprüft. Zulässig waren maximal 2 falsche Antworten. Ansonsten mussten sich die Studierenden nochmals vorbereiten und an einem späteren Gruppentermin teilnehmen.
Dieses war insofern erfolgreich, dass die Studierenden nach kurzer Zeit die Multiple-Choice-Tests erfolgreich bestanden, um an den Übungsterminen teilnehmen zu können. Jedoch zeigten zusätzliche Fragen an die Studierenden, dass teilweise grundlegende Zusammenhänge trotzdem nicht verstanden wurden. Nach gezielter Rückfrage bei Studierenden stellte sich heraus, dass man, ohne die fachlichen Inhalte nachvollziehen zu können, den Multiple-Choice-Test bestehen kann. Bei begrenzter Anzahl möglicher Fragen, hatten die Studierenden teilweise nur die Zuordnung der richtigen Antworten auswendig gelernt.
Somit wurden die Fragen von vielen Studierenden nicht genutzt, um sich die Zusammenhänge zu den Laborversuchen als Vorbereitung für die Übungstermine als auch für die Klausur kontinuierlich anzueignen.
Daher wurde diese Variante ebenfalls beendet. Die Demonstrationsvideos in Kombination mit den Kurzreferaten erweisen sich als sehr gute, erfolgreiche Variante.
Der Beitrag wurde veröffentlicht im Januar 2021.