In diesem Praxisbeispiel erfahren Sie, wie Sie freie oder von Kollegen erstellte Lehrmaterialien nutzen und so für die Studierenden einen vielseitigen Zugang zu Lerninhalten schaffen können. Nutzen Sie für Parallel-Veranstaltungen Synergien, um das Lernangebot zu verbreitern und den Austausch zwischen Kollegen zu fördern.
„Mein Tipp wäre: Sprechen Sie sich ab und teilen Sie Materialien.“
Prof. Dr. Yvonne Stry
Bei Blended Learning oder Online-Lehre ist vor allem die Bereitstellung umfassender und passender Lehrmaterialien für die Selbstlernphasen bzw. asynchronen Phasen einer Veranstaltung herausfordernd. Es ist eine Binsenweisheit, dass verschiedene Menschen auf verschiedene Weise lernen; daher gilt es, den Studierenden vielseitige und unterschiedliche Zugänge zu den Lerninhalten zu bieten.
Wie sind Sie bei der Zusammenstellung der Materialien für die Selbstlernphasen vorgegangen?
Mein Kollege Tim Kröger und ich unterrichten beide Ingenieurmathematik, parallel zueinander und auch für zwei verschiedene Studiengänge (MB und EGT), aber mit einer gemeinsamen Prüfung. Bei der Umstellung unserer Lehrveranstaltungen auf ein digitales Blended Learning -Format hatten wir jeweils eigene Vorstellungen, eigene Materialien und ein ganz persönliches Vorgehen, aber wir haben von Anfang an die Studierenden aufgefordert, sich in unseren beiden Moodle-Kursen gleichzeitig anzumelden und – wie Herr Kröger das formulierte – „sich die Rosinen jeweils herauszupicken“.
Herr Kröger hat z.B. sein Skript als Screencasts besprochen und überaus zahlreiche Erklärvideos produziert; mein Vorgehen waren eher kurze Screencasts (1 Thema, 10 min, kurz und knackig), Unterlagen zum Durcharbeiten, Aufgaben mit Lösungen, sowie Online-Fragestunden.
Über den Austausch mit Mathe-Kolleginnen und -Kollegen bin ich dann z.B. auch auf Herrn Loviscach aufmerksam geworden, einen Mathe-Prof, der zahlreiche Vorlesungen online gestellt hat. Auch dessen Vorlesungen habe ich in meinem Moodle-Auftritt verlinkt. Diese finden Sie hier.
Mir fehlte dann noch ein Mathe-Vorkurs, denn gerade zu Beginn des Studiums merken die Studierenden, wenn sie Defizite in der Schulmathematik haben. Da kam der Hinweis im Austausch-Lehre-Kurs auf die Metasuchmaschine OER Search Index (OERSI) gerade recht, denn über diese Plattform habe ich Videos und Unterlagen zu mehreren Vorkursen Mathematik gefunden: „Brückenkurs Mathematik für Studienanfänger“ (SciFox), „Mathematik 1, Winter 2010/2011“ (Loviscach), „Online-Brückenkurs Mathematik“ (diverse Unis im Rahmen des VE&MINT-Projekts). Bei über 2000 Beiträgen (Stand Juli 2021) allein im Fachgebiet Mathematik ist es inzwischen eher problematisch, überhaupt den Überblick über die dort zur Verfügung gestellten Materialien zu behalten.
Die Zusammenarbeit mit Herrn Kröger kam bei meinen Studierenden übrigens sehr gut an: Jede(r) konnte sich das für ihn/sie passende Angebot aussuchen. Meine eigenen Screencasts in den Moodle-Kursen werden allerdings umso weniger angeklickt, je mehr Vorlesungen ich online halte. Bei den Links zu guten Vorlesungen oder Vorkursen bin ich inzwischen eher skeptisch – Studierende haben eben auch nur begrenzt Zeit und schauen sich nicht alles an, was es so gibt.
Was raten Sie anderen Lehrenden?
Mein Tipp wäre: Wenn Sie mit Kolleginnen oder Kollegen parallel Veranstaltungen gerade im Grundstudium haben, sprechen Sie sich ab und teilen Sie Materialien, Sie können dann weiter Ihr eigen‘ Ding machen, gleichzeitig haben die Studierenden mehr Wahlmöglichkeiten.
Der Beitrag wurde veröffentlicht im Juli 2021 und zuletzt aktualisiert im August 2022.